CfP: Hands on Sonic Skills – Erfahrungspraktische Zugänge zu Klang, Musik und Medien in der musikwissenschaftlichen Ausbildung (11.-12.12.2025, Martin-Luther-Universität) Deadline: 30.04.2025
Hands on Sonic Skills
Erfahrungspraktische Zugänge zu Klang, Musik und Medien in der musikwissenschaftlichen Ausbildung Tagung
11 & 12.12.2025
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Abteilung Musikwissenschaft
Keynotes: Andreas Fickers und Joanna Szczepańska-Antosik
Call for Papers (inkl. English Version) als PDF
Deadline: 30.04.2025
Medien und Technologien der Synthese, Aufzeichnung, Bearbeitung und Verbreitung von Klang sind längst zu wichtigen Gegenständen der Musikforschung geworden. Exemplarisch lassen sich hier die Geschichte der Klangaufzeichnung (Sterne 2003, Katz 2010, Horning 2013, Bennett 2019 ), die Bedeutung technischer Geräte in Musikszenen (Theberge 1997, Butler 2014, Herbst/Menze 2021) oder eine auf Klang und Verfahren der Musikproduktion orientierte Musikanalyse (Zagorsky-Thomas 2016, Hepworth-Sawyer et al. 2019 ) nennen.
Dabei entstanden in der Verbindung zwischen Musikwissenschaft, Medienwissenschaft, Sound Studies und weiteren Fächern neue disziplinäre Zweige wie Music Production Research (Bennett & Bates 2019; Bourbon & Zagorski 2020), die eigene theoretische Ansätze und Verfahren zur Erforschung aufgenommener und technisch vermittelter Musik entwickelt haben. Das Wissen um audiotechnische Prozesse und eine sensorische Sensibilität für die Gestaltung von Klang werden seitdem nicht mehr nur als ingenieurswissenschaftliches Expertentum betrachtet, sondern als Teil kultureller Praktiken, das musikalisches Handeln von Grund auf prägt und daher auch Teil musikwissenschaftlicher Fragestellungen und Kenntnisse sein muss.
Da derartiges Wissen in vielen Fällen implizit, als ›tacit knowledge‹ vorliegt und daher als Praxis, als musikalisches Handeln beobachtbar ist, werden in diesem Bereich besonders häufig ethnographische, praxeologische und kunstpraktische Forschungsmethoden angewendet, etwa in Form von Feldforschung (Bürkner 2013; Bates 2017; Huschner 2016), Reenactments (Fickers/van den Oever 2022; Meynell 2017) und Medienexperimenten künstlerischer Forschung (Badura et al 2015, van der Heijden/Kolkowski 2023). Diese Ansätze machen deutlich, dass medienkulturell-musikwissenschaftliche Beobachtung in vielen Fällen verlässlicher funktioniert, wenn Beobachtungen durch eigene erfahrungspraktische Zugänge informiert sind.
Dieser Wandel schlägt auch in der musikwissenschaftlichen Lehre Wurzeln, so in neuen Lehrstühlen, Modulordnungen und Studiengängen. An Standorten wie Bonn, Oldenburg, Berlin (HU), Lüneburg, Hildesheim, in Halle (Saale) sowie in London, Agder, Huddersfield oder Concordia werden Tonstudiotechnik, Synthesizer, DIY-Elektronik und DAWs (Digital Audio Workstations) Bestandteil musikwissenschaftlicher Ausbildungen. Die praktische Beschäftigung mit Klang und seinen Produktionskontexten reicht dabei von der Geschichte des Tonbandes über Einführungskurse in Mikrofonierung und Mischtechniken bis hin zu Listening Sessions, in denen die klangliche Gestaltung ›produzierter Musik‹ (Papenburg 2019) im Vordergrund steht. Diese Auseinandersetzung findet häufig in universitätseigenen Musikstudios statt, die sich als ›Toolscape‹ der Musikproduktion in besonderer Weise als Ort praxisnahen Lernens erweisen (King & Hemonides 2016).
Die Tagung versammelt einen Querschnitt materiell-praktisch orientierter Forschung und Lehre und bietet Raum für Diskussionen, wie aktuelle wissenschaftliche und didaktische Ansätze voneinander profitieren können.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
(1) Welches grundständige klangpraktische Wissen sollte Bestandteil einer musikwissenschaftlichen Ausbildung sein? In welchem Verhältnis stehen dabei naturwissenschaftliche (musikalische Akustik) und musikpsychologische Anteile (Klangwahrnehmung, Hörphysiologie) zu kulturwissenschaftlichen wie z. B. denen aus Sound Studies oder Popmusikanalyse? Welche Formen impliziten bzw. ›körperlichen‹ Wissens, welcher praktische Umgang mit analoger und digitaler Audiotechnik und welches systematische Training des technischen Gehörs bzw. von Critical Listening Skills sind für Klang- bzw. Musikanalyse heute erforderlich?
(2) Wie können diese Inhalte zeitgemäß und didaktisch sinnvoll in das Korsett akademischer Ausbildung integriert werden, ohne zu oberflächlich oder zu speziell zu geraten? Welche Rolle spielt dabei das Verhältnis zwischen Präsenzlehre und digitalen Lernangeboten? Welche Methoden und Ideen zur Seminar- oder Semestergestaltung existieren hier? Wir stellen dazu eigene Verfahren und Lernformen in der Beta-Version unserer hybriden Lehrplattform METRONOM vor, auf der wir neben einem Modul für technische Gehörbildung für Musikwissenschaftler*innen vor allem Materialien und Anleitungen für die erfahrungspraktische Vermittlung von Klang(technologien) und musikmedialen Werken in der Präsenzlehre bereitstellen, vor allem in Formen des Re-Enactments.
(3) Wie relevant sind Klang und Medientechnologien als Aspekte musikalischer Gestaltung nicht nur für eine zeitgemäße musikwissenschaftliche Ausbildung, sondern auch für anwendungsbezogene Berufsfelder? Welche Kenntnisse sind in journalistischen Arbeitsbereichen in Rundfunk, Presse und Online-Medien, in kuratorischen und musealen Kontexten in Konzert- und Theaterwesen, Archiven, Verlagen und im Musikmanagement erforderlich?
(4) Wie sollte das Tonstudio als Lernort für die Musikwissenschaft beschaffen sein? Wie kann es Studierenden zu einem tieferen Verständnis von Produktionsprozessen im Kontext von Klangtechnologien verhelfen, ohne den Lernprozess zu überfrachten? Welche ›Toolscapes‹ bieten inspirierende Umgebungen für klangbezogene Projektarbeiten? Welche didaktischen wie auch praktisch-technischen Herausforderungen sind an diesem besonderen Lernort zu beachten?
Wir laden Sie ein zu Vorschlägen für Einzelvorträge, Panels, Workshops und Postern zu folgenden und verwandten Themen:
Technische Gehörbildung / Critical Listening Skills
Musikalische Anwendungen von Aufnahmetechnik
Umgang mit zeit- und stilspezifischen Geräten und Produktionsumgebungen (Multitrack, MPCs, Push u.a.)
Erarbeitung und Aufführung elektroakustischer und experimenteller Musik in der Lehre
Erfahrungspraktische / praxeologische Ansätze in den Sound Studies
Künstlerische Forschung in Musik und Klangkunst
Modulare Synthesizer in der Lehre • Klangbeschreibung und Sprache in der Musikanalyse
Einsatz digitaler Hilfsmittel bei der Klang- und Musikanalyse (Sonic Visualizer u.a.)
Realisierung / Produktion von Aufnahmen als studentische Forschung im Tonstudio
Hybride Formate und Einsatz digitaler Lernplattformen
Hochschuldidaktische Methoden im Zusammenhang mit Audiotechnologie
Historisch und kulturell vergleichende Perspektiven auf o.g. Fragen
›Hands on Sonic Skills‹ ist explizit als Lern-, Arbeits- und Workshoptagung gedacht. Wir möchten Sie daher bitten, neben klassischen Vorträgen (20 min + 10 min Diskussion) und gemeinsamen Panels (90 min) auch die Ausrichtung von Workshops (60-90 min) in Betracht zu ziehen, in denen spezielle Lehrmethoden oder Inhalte im Fokus stehen. Eine Postersession soll die Möglichkeit geben, sich über Methoden, Didaktiken und studentische Projekte auszutauschen. Kleinere technische Versuche und Aufbauten sind dabei erwünscht.
Die Tagung wird im Rahmen des Lehrforschungsprojektes METRONOM – Mediale Transformation von Musikwissen (2024-2026) ausgerichtet. Drittmittelgeber ist das vom BMBF geförderte und durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre verwaltete FREIRAUM-Programm.
Veranstalter ist der Lehrstuhl Musik und Medien von Prof. Dr. Golo Föllmer.
Team: Alan van Keeken, Sebastian Schwesinger, Lukas Iden und Katja Lux.
Tagungssprachen sind deutsch und englisch. Die Teilnahme ist kostenlos.
Bitte senden Sie Ihr Abstract (max. 400 Wörter) und CV (max. 100 Wörter) bis 30.04.2025 unter Angabe des gewünschten Formates an alan[dot]van-keeken[at]musikwiss[dot]uni-halle[dot]de.