Deadline verlängert: Narrating Musicology - Fachgeschichte(n) der Musikwissenschaft, Bern

Internationale Tagung des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Bern vom 1.–4. Oktober 2020
Narrating Musicology: Fachgeschichte(n) der Musikwissenschaft

Deadline: 16.02.2020

Im November 1996 fand an der Universität Bern ein fachgeschichtliches Kolloquium unter dem Titel Musikwis-senschaft – eine verspätete Disziplin? statt. Die Ergebnisse wurden im Jahr 2000 in einem gleichnamigen, von Anselm Gerhard herausgegebenen Sammelband dokumentiert. Tagung und Publikation verfolgten den Ansatz, weniger von einzelnen Personen und Institutionen auszugehen. Vielmehr sollte der Blick auf ideengeschichtli-che Tendenzen der Musikwissenschaft seit der Gründungsphase am Ende des 19. Jahrhunderts, auch über den deutschsprachigen Raum hinaus geworfen werden. Dies stellte einen wichtigen Impuls für das vergleichsweise „spät“ aufkeimende Interesse an der Vergangenheit des Fachs dar. Das bevorstehende 100jährige Gründungs-jubiläum des Berner Instituts 2021 gibt die Gelegenheit, nach mehr als zwei Jahrzehnten eine Zwischenbilanz zu ziehen: Wo steht die Fachgeschichtsforschung heute? Wie hat das Nachdenken über das Fach die Musikwissen-schaft in Forschung und Lehre verändert? Ist Musikwissenschaft (noch immer) eine „verspätete“ Disziplin?

Die traditionelle Dreiteilung des Fachs Musikwissenschaft in historische, systematische und ethnologische Her-angehensweisen, aber auch die Etablierung unabhängiger Nachbardisziplinen wie Musiktheorie und Musikpädagogik prägt auch die fachhistorische Forschung. So entstanden verschiedene, mehr oder weniger isolierte und zum Teil parallel existierende fachhistorische Diskussionen, eben verschiedene Fachgeschichten. Die Konferenz legt nun erstmals und umfassend einen Schwerpunkt auf den inter- und intradisziplinären Dia-log. Das Berner Kolloquium vor zwanzig Jahren beleuchtete das Spannungsfeld in der Entwicklung eines akademischen Faches „zwischen Fortschrittsglaube und Modernitätsverweigerung“, zwischen internationaler Ausstrahlung und nationalchauvinistischen Tendenzen, das bis in die 1990er Jahre hinein seine Wirkung entfal-tete. Doch gelten diese Erkenntnisse heute noch genauso wie damals? Einen ersten Schwerpunkt bildet die Frage, ob die Offenlegung der jeweils historisch bedingten ideologischen Fallstricke und kulturspezifischen Paradoxien des Faches das Selbstverständnis der Musikwissenschaft verändert hat: Wie wirkmächtig bleiben nationale Faktoren in wissenschaftshistorischen Schwerpunktsetzungen? Die Tagung nimmt die Vielfalt fachhi-storischer Erzählungen in den Blick. Sie fragt nach Motivationen und grundlegenden Narrativen verschiedener (regionaler) Musikwissenschaftsgeschichten. Dabei möchte sie den Fokus von der westlichen akademischen Hemisphäre auf globale Musikforschungstraditionen ausweiten.

Ein zweiter Schwerpunkt der Tagung liegt auf der Frage nach dem Zweck von Fachgeschichtsforschung. Welche Wechselwirkungen ergeben sich zwischen disziplinärer Selbstbeobachtung und Betrachtungen der Forschungs-gegenstände? Was sind die Gegenstände fachgeschichtlicher Forschung? Zudem sollen die Akteure im Bereich der Fachhistoriographie zum Gegenstand gemacht werden: Wer erzählt Fachgeschichten, und ist Fachhistorio-graphie ein Forschungsgebiet, in dem methodische und inhaltliche Deutungshoheit angestrebt werden kann? Wieviel Gewicht kommt Institutionen bei der Konstruktion von Fachgeschichtserzählungen zu? Welche Rolle spielen Fachgeschichten innerhalb der Profil- und Identitätsbildung von Wissenschaftler*innen, Schulen und Denktraditionen? Wie gestaltet sich fachhistorische Forschung von Musikwissenschaftler*innen in Zeiten des Digitalen Wandels?

Die geplante Tagung soll ein generationenübergreifendes Diskussionsforum bieten, das zum Austausch zwi-schen Wissenschaftler*innen aus den verschiedenen Teilbereichen der Musikwissenschaft, der Musiktheorie und der Musikpädagogik anregt.

Kernthemen:

- Schwerpunktsetzungen musikwissenschaftlicher Fachgeschichte (inter-/nationale und -regionale Fak-toren, Inter- und Intradisziplinarität)

- Wechselwirkungen zwischen disziplinärer Selbstbetrachtung und Forschungsgegenständen (Akteure, Methoden, Institutionen, Digitaler Wandel)


Anonymisierte Proposals (max. 300 Wörter) für 20-minütige Vorträge oder freie Werkstattformate sind bis zum 01. Februar 2020 an narratingmusicology @ musik.unibe.ch zu senden. Die Ergebnisse des anonymen Begutachtungsverfahrens werden bis zum 31. März 2020 bekanntgegeben.


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