CfP: Themenheft der Zeitschrift für Weltgeschichte "Pop-Musik im globalen Süden"
“Pop-Musik im globalen Süden”
Call for Papers für ein Themenheft der Zeitschrift für Weltgeschichte
Deadline: 30.04.2024
Pop-Musik ist konstitutiv ambivalent. Sie entsteht, was sich bereits für den Rock ‘n‘ Roll der 1950er Jahre in den USA zeigen lässt, in der Spannung zwischen Counter-Culture und kapitalistischer Verwertungslogik. Außerdem ist sie im Kern dadurch gekennzeichnet, die unterschiedlichsten Stilrichtungen der Musik in sich zu vereinen, Pop-Musik ist also ein prototypisches Beispiel dafür, wie verschiedene kulturelle Formen auch des globalen Südens durch eine im globalen Norden sich formierende Praxis angeeignet und vereinnahmt werden.
Dafür lassen sich neben den aus Westafrika stammenden Off-Beat-Rhythmen des Blues und dem aus Jamaika stammenden Reggea viele Beispiele finden. Zu beachten ist hierbei: Gerade das Praxisprinzip der Fusion ist für die ständige Neuformation der Pop-Musik konstitutiv notwendig und formt die Pop-Musik zu einer wirkmächtigen Praxis, deren kommerzielle Verbreitungszentren bisher hauptsächlich im globalen Norden verortet sind bzw. waren. Ein soziologischer und geschichtswissenschaftlicher Zugang zur Pop-Musik, der sich nicht an dieser ihrer hegemonialen Verbreitungsform orientiert, ist erfahrungsgemäß schwierig. Jede wissenschaftliche Bezugnahme ist quasi gezwungen, die sichtbaren Ausdrucksformen der Pop-Musik zu berücksichtigen, die in der Regel die konstitutive Verflechtung dieser wirkmächtigen Artikulation der Populärkultur mit den kulturellen Formen des globalen Südens verschleiert. Diese Problematik steht im Zentrum des Themenheftes der Zeitschrift für Weltgeschichte. Hier sollen auf der Basis der hier sehr kurz dargestellten Problematik der Popmusik folgende Fragen interdisziplinär diskutiert und erörtert werden:
Wie kann Pop-Musik des globalen Südens überhaupt identifiziert und angemessen sichtbar gemacht werden? Welche Möglichkeiten und Grenzen haben die Kultur- und Sozialwissenschaften etwas sichtbar zu machen, welches in der kulturellen Praxis regelmäßig marginalisiert und durch die Hegemonie der Kultur vereinnahmt wird? Wie können sich die Protagonist:innen der Pop-Musik des globalen Südens wirkmächtig artikulieren? Welche historischen Beispiele könne hierfür gefunden werden?
Wie kann über die Fusionslogik der Pop-Musik angemessen kultur- und sozialwissenschaftlich reflektiert werden? Wenn Pop-Musik nicht ohne kulturelle Aneignung vorstellbar ist, was zu diskutieren wäre, wie kann sie dann als globale Musik gefasst werden, ohne deren vielfältigen Verflechtungen regelmäßig im Sinne der kapitalistischen Verwertungslogik des globalen Nordens zu marginalisieren? Welche Konsequenzen hat dies für die kultur- und sozialwissenschaftliche Erforschung der Pop-Musik?
Welche Transformationen hat es in den letzten Jahren im globalen Machtgefüge der Pop-Musikindustrie gegeben aufgrund neuer digitaler Verbreitungsmöglichkeiten und Distributionsformen, spezifischer Trends wie etwa Reggaeton, subkultureller Unterwanderungen, dekolonialer Bestrebungen etwa in den Sound-Studies etc.?
Wie kann eine post-koloniale Pop-Musikforschung im globalen Norden überhaupt betrieben werden? Welche methodischen Prämissen und theoretischen Mittel sind hierfür notwendig? Welche institutionellen Voraussetzungen müssen hierfür geschaffen werden?
Wie kann in zeitgeschichtlicher Perspektive eine globale und postkoloniale Geschichtsschreibung der Pop-Musik formiert werden, in der nicht nur die diesbezüglichen Brüche und Diskontinuitäten sichtbar gemacht, sondern auch die pop-musikalischen Artikulationen und Einflüsse des globalen Südens in ihrer Bedeutung für die globale Pop-Musik angemessen erfasst werden?
Die Zeitschrift für Weltgeschichte ist eine interdisziplinäre Zeitschrift mit peer-review-Verfahren.
Bitte senden Sie bis zum 30.4.2024 Ihren Vorschlag (max. 5000 Zeichen) für einen Beitrag zu dem Themenheft an frank.hillebrandt[at]fernuni-hagen[dot]de oder anna.daniel[at]fernuni-hagen[dot]de.