CfP: Jahrestagung der AG Auditive Kultur und Sound Studies "SONIC ARCHITECTURES", Bern

AG Auditive Kultur und Sound Studies der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM)
Zeitraum der Tagung:
07.09.2023 – 09.09.2023
Ort: Hochschule der Künste Bern
Deadline für Abstracts: 15.04.2023
Call in english here.

SONIC ARCHITECTURES

Klangarchitekturen bilden das Fundament musikalischer Hör- und auditiver (Medien-)Kulturen. In sonischer Wendung des Spatial Turn, der Ende der 1980er Jahre Raum als (neuen) Analysegegenstand der Kulturwissenschaft in den Fokus gerückt hat, widmet sich die Tagung Sonic Architectures interdisziplinären Zusammenhängen – von der architektonischen, technischen und akustischen Gestaltung von Klangräumen einerseits bis zu musikalischen Klangarchitekturen andererseits. Raum als zentraler Parameter zeitgenössischer Komposition verändert nicht zuletzt den Begriff des Klangraums grundlegend selbst.

Eine Kulturgeschichte der Hörräume existiert als solche nicht, wohl aber eine lange Tradition entsprechender architektonischer Entwürfe. Die Palette reicht von den Amphitheatern Griechenlands über Kirchen und alle Arten von Konzertsälen bis hin zur Clubkultur und den virtuellen Räumen des Digitalen. Die vielfältigen Überlagerungen lautsprechergenerierter und errechneter Klangräume ermöglicht neue akustische Dimensionen virtueller und nicht-euklidischer Geometrien.

Bis zur Krise der Spätromantik bezog sich der Raumbegriff in der Musik primär auf die Architektur der Tonintervalle im Symbolischen der Partitur, die es lange vor den realklingenden Hörräumen kompositorisch zu gestalten galt. In der Moderne verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Raum- und Klanggestaltung, zwischen Klangraum und Raumklang. Mit der elektroakustischen Musik findet schließlich eine Emanzipation räumlicher Erscheinungsformen statt. Sie ist nicht länger an spezielle Aufführungsorte wie Kirchen oder Konzertsäle gebunden; einmal aufgezeichnet, kann sie überall erklingen. So entstehen neue Formen, die sich der Inszenierung und der Interaktion der im Studio generierten Klänge in der Natur, in Galerien, Fabrikhallen und in urbanen städtischen Räumen bedienen und als solche Orte und Landschaften akustisch vermessen.

Raumbezogene Klanginstallationen entwickelten sich ab den 1960er Jahren zu eigenen Kunstformen, die Anfang der 80er Jahre erstmals als Klangkunst bezeichnet wurden. Die eingesetzten Technologien wurden insbesondere auf ihre künstlerischen Anschlussmöglichkeiten von Körpern und digitalen Algorithmen untersucht. Mehrkanalige immersive Verfahren wie Ambisonics, Wellenfeldsynthese und Techniken im Bereich 3D-Audio boten neue ästhetische Ansätze und wurden genreübergreifend zum integralen Bestandteil musikalischer Gestaltung. Am Ende des 20. Jahrhunderts traten die technischen Interfaces und ihre Verschaltung mit den Kunstwerken ins Zentrum räumlicher Klangkunstarbeiten.

Heute findet Kunst im Zeichen von Raumklang und Klangraum vermehrt in den virtuellen Räumen des Internets statt. Dabei interessieren uns zusehends die Phänomene, die mit den Metaphern der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens stark anthropologisiert werden. Computer können durch diese Techniken trainiert werden, Klänge zu lernen und zu reproduzieren, Klangräume zu simulieren und immersiv begehbar zu machen. In den black boxes dieser Programme entstehen virtuelle Klangwelten, die keinen Bezug zum Realen mehr aufweisen müssen.

Call

Leitgebend für die Tagung sind die Geschichten, Technologien und Ästhetiken sonischer Architekturen zwischen all diesen Polen. Wir freuen uns über Themenvorschläge aus der ganzen Breite der Sound Studies, den Musik-, Medien- und Kulturwissenschaften sowie der Wissenschafts- und Technikforschung. Entsprechend der thematischen Offenheit des Calls möchten wir ausdrücklich dazu aufrufen, auch andere Formate als den klassischen Tagungsvortrag vorzuschlagen. Wir freuen uns über Audio Papers und Soundlectures ebenso wie über Workshop-orientierte, experimentelle Formate.

Für die Präsentation von Audio-Beispielen stehen folgende Formate zur Verfügung:

  • Vortragssaal: Stereo 2.1, ohne diskreten LFE-Kanal; ca. 50 Plätze

  • Multifunktionsraum: 8.2 Kanal Rechteck (Meyer Sounds), 16.2 Kanal auf zwei Ebenen (8 Meyer oben + 8 Genelec 1029 Mitte auf Ständern, frei positionierbar); ca. 50 Plätze

  • Seminarraum: 12.2 Kanal Mini-Dom, 8.2 am Boden frei platzierbar / 5.1 / 7.1 / Auro 3d 5.4.1 (Normformat 5.1 mit 4 Höhenlautsprechern) oder freie Kombinationen davon; ca. 20 Plätze

  • Studio-Regie: 5.1, flexibel auch als 2.1, 4.1 nutzbar, in Stereo zwar mit Subwoofer aber ohne diskreten LFE-Kanal. Sweetspot mit ca. 6 Personen relativ klein; ca. 12 Plätze

Student Panel

Die AG-Tagung fragt nach dem Zusammenhang von Klang und Architektur, nach Methoden und Ansätzen des Forschens und Nachdenkens über dynamische Klang-Räume. Eine ganzheitliche Erfassung des Forschungsstandes zu realen wie virtuellen Räumen sowie ein Blick in deren Zukünfte ist in Abwesenheit studentischer Stimmen nicht denkbar. Deshalb wird es im Rahmen der Tagung ein Student Panel geben, welches jedoch weniger eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, sondern vielmehr ein Ort für raumspezifische Ansätze sein will, die nicht nur über Klangräume, sondern vor allem auch mit, durch und an solchen Räumen forschen.
Format sowie Inhalt der Präsentation sind den Vortragenden freigestellt. Auch unabgeschlossene Projekte und (Raum-)Experimente sind willkommen. Mögliche Themenbereiche bewegen sich zum Beispiel um Diskurse wie Raumklang-Bewegung, virtuelle und nicht-euklidische Raumklangmodelle, Genrebegrifflichkeiten, entortete Klangräume, raumbezogene Praktiken der Sound- und/oder Musikproduktion usw.

Einreichung

Wir bitten um Einreichung von Abstracts (ca. 300 Wörter, inkl. kurzer Angabe zur Person und der vorgesehenen Audiobeispiele) sowohl für das Student Panel als auch für das generelle Programm an sonicarchitecture[at]gmx[dot]ch. Die Abstracts sollten auch das Format des geplanten Beitrags (s. o.) benennen. Einreichungsfrist ist der 15.04.2023. Die generelle Konferenzsprache ist deutsch. Wir freuen uns aber ebenso über englischsprachige Einreichungen und möchten eine aktive Teilnahme auch für nicht-deutschsprachige Teilnehmer*innen ermöglichen.

Mehr Informationen hier.

Organisation
Studiengang Sound Arts und Institut Interpretation der Hochschule der Künste Bern
Michael Harenberg & Martin Skamletz
AG Auditive Kultur und Sound Studies der Gesellschaft für Medienwissenschaft
Anna Schürmer & Maximilian Haberer

CFP, NewsPenelope Braune