CfP: "Weltmusik in postkolonialer Perspektive", Freiburg

Tagung: Die »Welt« als »Rest«? Weltmusik in postkolonialer Perspektive
Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) Universität Freiburg, 12./13. Mai 2022

Call for Papers
Deadline: 10. Januar 2022

»Klassik«, »Black Music«, »Weltmusik« und viele mehr – diese Kategorien stehen durch post- koloniale Perspektiven in Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft zunehmend in der Kritik. Die Hinterfragung kanonisierter Ordnungen und Konzepte von Musik – das »decentering« euro- päisch-hegemonialer Wissensordnungen – hat auch längst die Musikwissenschaft und be- nachbarte Disziplinen wie die Theater,- Film- und Medienwissenschaft erreicht. Die kritischen Debatten betreffen gesellschaftliche Themen, zunehmend aber auch die Perspektiven der Geistes- und Kulturwissenschaften als Teil der Gesellschaft selbst.

Die Tagung am ZPKM nimmt populäre Musik unter dem Label »Weltmusik« in den Blick. Der Begriff ist in den späten 1980er Jahren als Vermarktungsstrategie entstanden, um die Suche nach populärer Musik zu erleichtern, die in »westlich« geprägten Begrifflichkeiten nicht definierbar war. Es entstand ein Marketinglabel, das die Vermischung von »eurologi- scher Musik« – also einer Musik, die sich bewusst auf die kulturelle Logik und das universelle Weltbild Europas stützt – mit nicht-eurologischer Musik kenntlich machen sollte (vgl. Sandeep Bhagwati 2020). Historisch gesehen begünstigte die Nähe der Weltmusik zur damaligen New- Age-Bewegung und dem »Ethnoboom« romantisierende Projektionen des »Anderen« und vermittelte den scheinbaren Dialog auf Augenhöhe.

Seit seinem Gebrauch wird das Etikett Weltmusik (ähnlich wie »Volksmusik« oder an- dere vage und ideologisch aufgeladene Genrebegriffe) kontrovers diskutiert. Zwar ermöglicht dieses Label Musizierenden außerhalb des europäischen und US-amerikanischen Raums Sicht- barkeit. Aber es produziert seit seinem Bestehen systematisch Alterität – beispielsweise in- dem Stereotype und Klischees vermeintlich fester kultureller Identitäten reproduziert wer- den.

Kritische Debatten behandeln die mangelnde definitorische Trennschärfe, den Euro- zentrismus, das Problem kultureller Aneignung, die Ghettoisierung durch Nischenprogram- mierung oder die implizite Annahme, dass die »Welt« der »Rest« außerhalb des europäischen und US-amerikanischen Raums sei. Wissenschaftler:innen, Künstler:innen oder Aktivist:innen aus unterschiedlichen Bereichen weisen darauf hin, dass dem Etikett Weltmusik problemati- sche Vorstellungen von »whiteness«, dem »Eigenen« und »Fremden«, »legitimen« Ge- schmacksvorstellungen oder willkürliche Einteilungen zugrunde liegen, und Prozesse des »Otherings« bzw. hegemoniale Machtdynamiken bestehen bleiben. Dennoch wird dieses Label in der Praxis weiterhin genutzt, und es existieren um die sogenannte Weltmusik ein Mu- sikmarkt, Studiengänge, Festivals usw.

Diese aktuellen kritischen Forschungs-, Diskussions- und Praxisansätze zusammenzubringen, ist das Ziel der Tagung. Musikologisch, historisch und kulturwissenschaftlich bzw. -anthropo- logisch Forschende sowie Praktizierende sind eingeladen, Beiträge zum Thema einzureichen, beispielsweise:

  • Geschichte der Weltmusik und ihre Konzeptualisierungen in postkolonialer Perspektive

  • Weltmusik im Kontext des »Ethnobooms« der 1970/80er Jahre

  • Weltmusik und die Repräsentation des »Anderen«, z.B. auf Plattencovern oder in audiovisuellen Medien

  • Weltmusik als »musikalischer Imperialismus«?

  • Weltmusik, Cultural Appropriation and Re-Appropriation

  • Weltmusik, Partizipation und Repräsentation des »Anderen« in Forschung und Lehre, Museen und Sammlungen

  • Aktuelle Trends der Weltmusik im globalisierten/digitalisierten Musikschaffen und bei Live-Events

Abstracts

Interessierte Wissenschaftler:innen aller Qualifikationsstufen und Praktiker:innen sind herzlich eingeladen, bis zum 10.01.2022 ein Abstract mit Kurz-CV und Angaben zum theoretischen/empirischen/methodischen Zugang einzureichen (dt. oder engl., im Umfang von ca. 300 Wörtern).

Bitte senden Sie Ihren Themenvorschlag parallel an: fuchs-maria @ mdw.ac.at / johannes.mueske @ zpkm.uni-freiburg.de

Die Übernachtungskosten für Referierende werden übernommen. Vortragende ohne eigene Stelle/Finanzierung können darüber hinaus formlos einen Reisekostenzuschuss beantragen. Eine Publikation der Beiträge wird angestrebt.

Weitere Informationen hier.

Organisation
Prof. Dr. Dr. Michael Fischer, ZPKM Freiburg
Dr.in Maria Fuchs, mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Dr. Johannes Müske, ZPKM Freiburg

CFP, NewsPenelope Braune