CFP: GfPM Jahrestagung "Not Ready to Make Nice", 25-27. September, Mannheim

Call for Papers30. Jahrestagung der Gesellschaft für Popularmusikforschung 2020 Veranstalter: Popakademie Baden-Württemberg
Datum: 25. – 27. September 2020
Ort: Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim/Popakademie Baden- Württemberg, Mannheim
in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg sowie der Jahrestagung des Bundesverbands Musikunterricht e.V.
Michael Ahlers / David-Emil Wickström

Thema:
Not Ready to Make Nice
Macht und Bedrohung im Kontext populärer Musik

In populären Musikkulturen spiegeln sich immer auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Debatten wider, sie bilden bisweilen sogar ein Brennglas, unter welchem Prozesse und Produkte noch klarer sichtbar werden: Im Umfeld der #metoo-Debatten der Filmindustrie wurde schnell klar, dass auch in der Musikindustrie und an Ausbildungsstätten diverses Fehlverhalten und institutionelle Vertuschungsprozesse desselben leider regelmäßig stattfinden. Diese Vorgänge existieren mindestens über Jahrzehnte innerhalb institutioneller Ausbildung angehender Musiker*innen und Künstler*innen weltweit (!) (Lazar 2017; Payne et al. 2018; Knobbe & Möller 2018; Kerst 2019; Bartsch et al. 2019), aber auch innerhalb der globalisierten Musikwirtschaft. Neu ist, dass Musiker*innen nun Mut fassen, sich solidarisieren und vermehrt Anklage gegen sexuelle Übergriffe erheben und dass hierdurch z.B. im Bereich der sogenannten Kunstmusik der Maestro-Kult entmystifiziert wird (Johnston 2017).

Im Kern der Bedrohungen und Übergriffe geht es um die Ausnutzung von Macht und deren Erhaltung (Bull 2019). Inwiefern die Struktur der Musikhochschulen im Sinne Mendelssohn-Bartholdys hierfür stärker oder gleich anfällig ist wie universitäre Systeme soll ein Gegenstand der Diskussionen werden. Häufig spielen aktive Prozesse der (körperlichen/sexuellen) Bedrohung ebenso eine Rolle wie die Ausgrenzung über Zensur (z.B. wer darf wo und wann spielen) oder Prozesse des Mobbings / Cyber- Bullying – auch innerhalb der Statusgruppen. Renommee steht augenscheinlich bisweilen über Moral und Anstand. Aber es spielen ebenfalls subtilere (nicht-reflektierte) Gesten wie Körperkontakt und Sprachgebrauch (Josefson 2016) mit hinein. Diese Machtverhältnisse sind nicht auf die Ausbildungsinstitutionen begrenzt, sondern sind auch außerhalb präsent – sowohl als Fortführung der Ausbildungsbeziehungen (z.B. Professor*innen, die über Stipendien und bei Wettbewerben entscheiden), aber auch in Booking-Agenturen, Labels, Verlagen, Live Venues sowie zwischen anderen Akteur*innen der Musikindustrie sowie staatlichen Förderinstanzen.

Neben den Machtbeziehungen zwischen humanen Akteur*innen sind im Nachgang des „new materialism“ auch nicht-humane Aktanten, künstliche Intelligenzen oder Designs selbst Teil dieser Zuschreibungen und Prozesse, wenn bspw. in Programm-Oberflächen und Presets von Musikproduktions-Umgebungen immer wieder vorwiegend männliche Subjekte erzeugt oder angesprochen werden (Simon 2018) oder die Bedrohung der Musikwirtschaft durch Algorithmen skizziert wird.

Schließlich sind auf der Jahrestagung auch explizit Arbeiten willkommen, welche sich mit der künstlerischen V erarbeitung/Thematisierung von erlebten Bedrohungen oder der Kritik an hegemonialen Machtverhältnissen auseinandersetzen. Es soll aber nicht nur um die verschiedenen Macht-Facetten gehen und wie diese Machtverhältnisse und Vorstellungen reproduziert und am Leben erhalten werden, sondern auch darum, welche Konsequenzen das sowohl für die Musikausbildung als auch für die Musikindustrie hat.

Die Jahrestagung setzt sich zum Ziel, diese besonders in der jüngeren Vergangenheit öffentlich gewordenen Übergriffe zum Anlass zu nehmen, über Machtverhältnisse und spezifische Bedrohungsszenarien oder -erlebnisse innerhalb populärer Musikkulturen nachzudenken, Strategien des Widerstands und der (Selbst-)Ermächtigung zu diskutieren sowie über aktuelle Entwicklungen und (denkbare) Allianzen zu sprechen.

Ungleichheiten und entstehende Bedrohungen sind dabei auf diversen Ebenen erkennbar. Sie umfassen beispielsweise Differenzlinien wie:

  • männlich/weiblich/divers

  • Theorie/Praxis

  • Künstler*in/Pädagog*in

  • Wirtschaft/Kunst

  • Wissen/Status

  • Technologien und Gender-Imbalance

  • „Mind/Body“

  • „E/U-Musik”

  • eurozentristische Kanones in (Eignungs-)Prüfungen, Wettbewerben ...

  • und andere mehr

    Organisatorisches

  • Formate:o WissenschaftlichePräsentationen(30minVortrag+15minDiskussion)o OrganisiertewissenschaftlichePanels(90min,3Personen,plus10minDiskutant*in) o KünstlerischerBeitrag(30min+15minDiskussion)o Poster-Beitrag

  • Abstracts mit maximal 300 Wörtern in deutscher oder englischer Sprache als Word- oder RTF- Datei. Keine Nennung des Autors oder der Autorin innerhalb der Datei

  • Benennung von fünf Keywords zum Abstract (nicht Teil der Zählung)

  • Kurz-Lebenslauf mit max. 100 Wörtern in englischer Sprache, als separate Datei

  • Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses besteht die Möglichkeit, bei der Einreichung

    einen Hinweis auf den „Erstvortrag“ zuzufügen. Vergleichbar mit der Erstantragstellung bei der

    DFG erfolgt dann ein angepasster Begutachtungsprozess

  • Mitglieder der GfPM sind wie immer herzlich eingeladen, ihre aktuellen Forschungen unabhängig

    vom Schwerpunktthema in freien Beiträgen vorzustellen

  • Deadline für Einreichungen: 28. Februar 2020

  • Double Blind Reviews bis Ende März, Zusagen erfolgen ab dem 01. April 2020

    Bitte senden Sie die Einreichungen an: gfpm2020@popularmusikforschung.de

CFP, NewsHelene Heuser