CfP: Ästhetischer Konservatismus im Deutschrap, Köln, 05.-06. Dezember

CfP: Ästhetischer Konservatismus im Deutschrap
(Köln, 05.-06.12.2019, Einreichung bis 01.07.2019)

Ort: a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Aachener Str. 217, 50931 Köln
Zeitraum: 05. und 06. Dezember 2019
Deadline: 01. Juli 2019

Deutschsprachige Rap-Musik beginnt in den 1980er Jahren zweifelsfrei als emanzipativ-progressives Projekt gegen eine dominanzkulturelle Hegemonie. Doch quasi parallel zum subkulturell-subversiven Gründungsmythos des Genres bilden Künstler_innen spätestens seit den 00er Jahren in verschiedenen Abstufungen ebenso konservative bis reaktionäre, allgemeiner gesprochen, politisch-rechte Erzählungen aus. Neben dezidiertneonazistischen Projekten ist in der Szene etwa ein nostalgisches bis patriotisches Spiel mit deutschem Traditionalismus und Nationalismus zu beobachten (etwa in Flers Neue Deutsche Welle (2005) oder Harris’ Nur ein Augenblick (2010)). Stilistische und programmatische Annäherungen an eine ›originär-deutsche‹ Schlagertradition praktizierten Künstler_innen wie Eko Fresh (Jenseits von Eden (2011)) oder Bushido (Für immer jung (2008)). Konzepte hegemonialer Männlichkeit, familiärer Treue und Ehre, materialistische Leitbilder einer spätkapitalistischen Gesellschaft, kombiniert mit (un)eindeutigen politisch rechten Semantiken und religiösen Fundamentalismen unterschiedlichster kultureller Herkunft sind darüber hinaus im Sub-Genre ›Gangsta-Rap‹ vielfach zu verzeichnen. Einem Strukturkonservatismus erscheinen Künstler_innen dort zu erliegen, wo von formalem und inhaltlichem ›Fortschritt bzw. Wandel‹ abgesehen werden muss, um den eigenen kommerziellen Erfolg zu ›wahren‹.

Der geplante Workshop nimmt sich vor, Phänomene innerhalb dieses Kontextes zu historisieren und mittels des synthetischen Begriffs ›ästhetischer Konservatismus‹ interdisziplinär beschreibbar zu machen. Als ästhetisch-konservativ sollen in diesem Sinne zunächst sämtliche Kunstmittel im Deutschrap begriffen werden, die ein Spannungsverhältnis zwischen Konstanz und Wandel modellieren und dieses Spannungsverhältnis bewerten, indem sie unter Anbindung an historische und/oder aktuelle konservative Diskurse Bestehendes oder (vermeintlich) Verlorenes als etwas zu Erhaltendes oder Wiederherzustellendes imaginieren, verteidigen oder kritisieren. Vor diesem Hintergrund ergeben sich z.B. folgende Fragen, die im Rahmen des Workshops diskutiert werden sollen:


– Welche konservativen Werteordnungen oder Formen der Kulturkritik, allgemeiner, welche konservativen
Diskurse werden im Deutschrap von wem und unter welchen Konditionen ästhetisiert?
– Wie korreliert und interagiert Deutschrap mit realpolitischen Entwürfen von Konservatismus? Wie modelliert Deutschrap krisenhaft-gesellschaftliche Diskurse (etwa Migration, Integration, Nation, class, gender etc.) auf ästhetisch-konservative Art und Weise? Welche politisch-ästhetische Funktion kann diesen Modellierungen zugeschrieben werden?
– Welche Arten des Zusammenspiels ästhetisch-konservativer Form und ästhetisch-progressiver Inhalte oder vice versa sind zu beobachten? Welche Potentiale und Paradoxien birgt dieses Zusammenspiel für einzelne Künstler_innen? Welchen performativen Umgang pflegen einzelne Künstler_innen mit diesen Paradoxien?
– Nach welchen szeneinternen Regeln und Normen funktioniert die ästhetisch-konservative Inszenierung und Profilbildung im Deutschrap? Welche Rolle spielen dabei Genre-typische Sprechfiguren (etwa ›Dissing‹, ›Boasting‹ etc.)? Welche Rolle spielt die Stilfigur der ›Realness‹ bzw. des ›Realkeepens‹ für ästhetisch-konservativen Rap?
– Welche Affirmations- und Subversionspotentiale bieten ästhetisch-konservative Inszenierungen durch Text, Bild, Video, Live-Performance etc.? In welchem Verhältnis stehen Affirmations- und Subversionsstrategien im ästhetisch-konservativen Deutschrap? Welche Vorstellungen von gesellschaftlichem, aber auch künstlerischem Wandel gehen hiermit einher?
– Welche individuellen oder kollektiven Subjektivitäten modelliert ästhetisch-konservativer Deutschrap? Wie wirken diese Entwürfe auf Gesellschaft zurück? Wie schlagen sich ästhetisch-konservative Semantiken in Alltagspraktiken (Jugendsprache, Mode etc.) nieder?
– Inwiefern funktioniert ästhetischer Konservatismus als symbolisches Kapital im Deutschrap? Welche
Distinktionsmöglichkeiten bietet ästhetischer Konservatismus den Künstler_innen, wie lassen sich diese
systematisieren?
– Wer beobachtet in den Sozialsystemen Deutschrap, Deutschrap-Kritik und Deutschrapforschung wen oder welches Werk explizit mit Hilfe der Leitunterscheidung ›konservativ/nicht-konservativ‹? Welche Rolle spielt die Debatte über bzw. der Skandal durch ästhetisch-konservative Deutschrapper für Gesellschaft bzw. für das Genre? Welche Strategien der Immunisierung gegen Kritik lassen sich bei einzelnen Künstler_innen beobachten?

Der interdisziplinär ausgerichtete und durch das Evangelische Studienwerk Villigst geförderte Workshop wird am 05. und 06. Dezember 2019 in der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities of Cologne stattfinden. Abstracts (ca. 2000 Zeichen) für etwa 30-minütige Beiträge sowie kompakte CVs schicken Sie bitte bis zum 01. Juli 2019 an:
nbusch3@ smail.uni-koeln.de und
s_berl02@uni-muenster.de.

Wir freuen uns auf Abstracts aus unterschiedlichsten geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen. Eine Erstattung von Übernachtungskosten, falls nötig, kann geleistet werden. Die Möglichkeit einer Publikation ist im Gespräch, kann allerdings noch nicht zugesichert werden.

Interdisziplinärer Workshop
Organisatoren der Veranstaltung: Nicolai Busch (Universität zu Köln) & Sebastian Berlich (Universität Münster)
Keynote Speaker: Dr. Martin Seeliger (Universität Flensburg) und Dr. Fabian Wolbring (Universität Duisburg-
Essen)